Trotz des Rückgangs des Nettostromverbrauchs in Deutschland erwarten Netzbetreiber, dass sich der Strombedarf bis 2045 verdoppelt. Der Grund ist die sich wandelnde Energielandschaft und die steigende Nachfrage nach elektrischer Energie. Wir erläutern aktuelle Zahlen und Entwicklungen zum Stromverbrauch in Deutschland und werfen auch einen genaueren Blick auf den Strombedarf in der sich wandelnden E-Mobilität.
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr sind die Preise für Gas und Strom zeitweise stark gestiegen. Die Zahlen zeigen, dass viele Bürger:innen deswegen Strom gespart haben. Im Jahr 2022 betrug der Nettostromverbrauch hierzulande rund 491 Terawattstunden (TWh). Mit dem Nettostromverbrauch wird die von den Verbraucher:innen genutzte elektrische Arbeit nach Abzug des Eigenbedarfs der Kraftwerke und der Übertragungs- beziehungsweise Netzverluste bezeichnet. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden rund 506 TWh genutzt. Höhepunkt des deutschen Stromverbrauchs war im Jahr 2007 und 2010: hier wurden jeweils 541 Terawattstunden erreicht.
Quelle: Statista 2023: Stromverbrauch in Deutschland in den Jahren 1991 bis 2022, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/164149/umfrage/netto-stromverbrauch-in-deutschland-seit-1999/
Grundsätzlich ist in den vergangenen fünf Jahren ein sinkender Trend zu beobachten. Grund dafür ist unter anderem ein stärkeres Bewusstsein für den Energieverbrauch im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Und die Zahlen sinken weiter, wie erste Daten für das laufende Jahr zeigen. Im ersten Halbjahr 2023 wurden rund elf Prozent weniger Strom verbraucht als im Vorjahreszeitraum.
Trotz der Entwicklung erwarten die Unternehmen Amprion, TransnetBW, 50 Hertz und Tennet, dass der jährlichen Stromverbrauch in Deutschland auf künftig über 1.000 Terawattstunden steigt, so in einer gemeinsamen Erklärung. Grund dafür: durch den geplanten Verzicht auf Kohle, Öl und Erdgas sind mit der angestrebten Verkehrs- und Wärmewende zwei große Bereiche zunehmend auf Strom statt auf fossile Energieträger angewiesen. Aus welchen Energieträgern sich der Strom heute in Deutschland zusammensetzt, ist im nächsten Absatz beschrieben.
Woher wird der Strom in Deutschland bezogen? Wie setzt sich der Strommix zusammen? Durch die von der Bundesregierung gesetzten Klimaziele muss der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien weiter wachsen. Nach wie vor enthält der in Deutschland verbrauchte Strom jedoch einen hohen Anteil fossiler Energieträger.
Fast 56 Prozent des deutschen Stroms werden aus konventionellen Energieträgern gewonnen, nur 44 Prozent entstammen erneuerbaren Energieträgern. Die genaue Zusammensetzung nach den Energieträgern entnehmen Sie der folgenden Darstellung.
Quelle: Statistisches Bundesamt: Bruttostromerzeugung in Deutschland: https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Energie/Erzeugung/Tabellen/bruttostromerzeugung.html
Im Jahr 2022 war Kohle der wichtigste Energieträger für die Bruttostromerzeugung in Deutschland. Damit bestätigen sich die Werte der Vorjahre. Rund 32 Prozent, also ein Drittel, des Stroms stammt aus Kohlekraftwerken. An zweiter Stelle stand mit knapp 22 Prozent die Windkraft. Mit rund 14 Prozent folgen Erdgas und zu elf Prozent wird der Strom aus Photovoltaik gewonnen. Zum Vorjahr 2021 ist der Anteil von Braunkohle, Steinkohle, Windkraft, Wasserkraft und Photovoltaik gestiegen. Gesunken ist der Anteil von Erdgas sowie Kernenergie, von elf auf sechs Prozent.
Ein weiterer Wert, den es bei der Stromerzeugung zu berücksichtigen gilt, ist die CO2 Intensität. Diese gibt an, wie viel Kohlendioxid bei der Verbrennung eines Energieträgers pro erzeugter Energiemenge entsteht. Sie wird in der Einheit „Gramm CO2 pro Kilowattstunde“ (g CO2 / kWh) angegeben. So verursachte die Erzeugung einer Kilowattstunde Strom im Jahr 2022 bei dem oben aufgeführten deutschen Strommix durchschnittlich 434 Gramm CO2. Im Jahr 2021 lag der Wert bei 410 Gramm CO2, im Jahr 2020 bei 369 Gramm CO2. Somit ist die Tendenz steigend.
Der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien wirkte sich generell positiv auf die Emissionsentwicklung der Stromerzeugung aus. Die spezifischen Emissionsfaktoren im Strommix sanken. Durch das Pandemiejahr 2020 sowie witterungsbedingte geringere Windenergieerzeugung stieg der Anteil der Kohle im Strommix, wodurch sich die spezifischen Emissionsfaktoren im Jahr 2021 erhöhten. Diese Trendwende setzte sich im Jahr 2022 fort.
Demnach stößt ein E-Auto, das mit dem deutschen Strommix geladen ist, 434 Gramm CO2 pro geladener Kilowattstunde aus. Zum Vergleich: Ein Diesel verursacht 270 g CO2 pro erzeugte Kilowattstunde.
Die Industrie, die Haushalte und der Verkehr verbrauchen laut dem Umweltbundesamt jeweils ca. ein Drittel des produzierten Stroms. Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, die restlichen 16 Prozent. In der Industrie sind es insbesondere die chemische, metallverarbeitende und die Maschinenbauindustrie, die ins Gewicht fallen. Die Herstellung von Stahl, Aluminium und chemischen Produkten erfordert erhebliche Energiemengen. Im Verkehrssektor werden zu über 90 Prozent Kraftstoffe aus Mineralöl eingesetzt, Biokraftstoffe und Strom spielen bislang nur eine geringfügige Rolle. Bei den privaten Haushalten macht die Raumwärme rund 70 Prozent des Energieverbrauchs aus, da über die Jahre unter anderem die zu beheizende Wohnfläche zugenommen hat.
Quelle: Umweltbundesamt: https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/energieverbrauch-nach-energietraegern-sektoren#entwicklung-des-endenergieverbrauchs-nach-sektoren-und-energietragern
Wie sieht es mit dem Strombedarf für die steigende E-Mobilität aus? Der Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird ab dem Jahr 2035 verboten, womit der Anteil an elektrisch betriebenen Fahrzeugen in den nächsten Jahrzehnten automatisch steigen wird. Und somit auch der Strombedarf. Reicht der vorhandene Strom dafür aus?
Stromverbrauch der eklektisch betriebenen Fahrzeuge im Vergleich:
Die Mengen an Strom für die Mobilitätswende sind demnach durchaus beachtlich und können das Stromnetz belasten.
Laut dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) sind genug Energien vorhanden, um die E-Mobilität umzusetzen. In Deutschland fahren aktuell rund 45 Millionen PKW, im Schnitt fährt eines 13.800 Kilometer pro Jahr. Würden alle PKW elektrisch fahren, entsteht ein Bedarf von 100 TWh, was einem Sechstel des deutschen Stromverbrauchs entspricht. So die offizielle Erklärung aus dem Bundesumweltministerium. Hierzu gibt es auch andere Meinungen.
So veröffentlichte die Bundesnetzagentur am 27.11.2023 eine Pressemitteilung, dass das Stromnetz und dessen Kapazitäten nicht auf den erhöhten Bedarf ausgelegt sind. Besonders die Strom-Verteilernetze arbeiten am Limit und oft fehlen die Netzkapazitäten für Schnellladung. Ab 2024 tritt der neue Paragraf 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in Kraft, welcher es Netzbetreibern erlaubt, die Stromlieferung an Wallbox und Wärmepumpe auf bis zu 4,2 kW Leistung zu drosseln, wenn die elektrische Energie knapp wird. Sie sind dann jedoch dazu verpflichtet, diese Drosselung zu veröffentlichen und in den Ausbau des betroffenen Teils des Stromnetzes zu investieren. Dies soll einen Zusammenbruch der Stromversorgung verhindern.
„Wenn der Strom für Ladestationen und Wärmpumpen gedrosselt wird, müssen Unternehmen und die Logistikbranche bei der Ladeinfrastruktur umdenken, wenn sie den dauerhaften Betrieb ihrer Flotten sicherstellen wollen. Wer sich in den nächsten Jahren nur auf das Stromnetz verlässt, kann mit Versorgungslücken rechnen“, sagt Alexander Sohl, Gründer und CEO von me energy.
Seine Lösung, um die E-Mobilität trotz der Herausforderung voranzubringen: alternative Stromquellen. So entwickelte er zusammen mit der Mitgründerin und CTO Inès Adler den Rapid Charger 150, eine mobile Schnellladestation, die Strom aus Bioethanol vor Ort erzeugt und eben nicht vom Stromnetz zieht. Die Ladestation wird mit einem LKW angeliefert und ist innerhalb von zwei Stunden bereit zum Laden. Bis auf ein Erdungskabel wird kein Anschluss benötigt. So werden Stromnetze entlastet und gleichzeitig eine Alternative für die Erweiterung der Ladeinfrastruktur geschaffen. Verantwortliche müssen sich demnach nicht mehr um die vorhandene Stromnetzkapazität und den eventuell benötigten Ausbau kümmern.
Der Rapid Charger 150 von me energy, einem Start-up aus Brandenburg, ist die weltweit erste netzunabhängige Schnellladestation. Seit ihrer Markteinführung 2021 kann die Schnellladestation für E-Autos flexibel an einem beliebigen Standort aufgestellt und auch kurzfristig umplatziert werden. Da keine langwierigen Planungsprozesse, Genehmigungsverfahren und Bauarbeiten entstehen, wird das Stromnetz entlastet und gleichzeitig das Schnellladen dort möglich, wo das Netz heute noch nicht ausreicht.
Der Strom wird in der Schnellladestation selbst aus flüssigem Bioethanol erzeugt. Das macht den Rapid Charger CO2-neutral und klimaschonend. Dieser Ansatz gewährleistet, dass nur so viel Kohlendioxid freigesetzt wird, wie zuvor von der Biomasse aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Mit der Ladestation von me energy sind max. 150 kW Ladeleistung möglich. Durch den großen Energiespeicher sind bis zu 40 Vollladungen pro Tag möglich. Der Rapid Charger 150 spielt eine entscheidende Rolle bei der Schaffung einer umweltfreundlichen Ladeinfrastruktur und bietet eine zukunftsweisende Alternative, um Elektrofahrzeuge effizient und nachhaltig mit Energie zu versorgen.