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Nachwachsende Rohstoffe für die Elektromobilität: Eine Analyse

M. Hofmann Donnerstag, 15.2.2024

Steigende Nahrungsmittelpreise und hohe Energiepreise bieten den idealen Nährboden für die stark vereinfachte Forderung, keine Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu erzeugen, also Bio-Sprit. Eine Forderung, die gut gemeint ist, aber zu sehr pauschalisiert. Das Problem mit nachhaltigen Energieträgern für die Mobilität ist nämlich weit vielschichtiger.

Das E10-Dilemma und die Biokraftstoffquote

Das Bild von Bio-Sprit wurde seit dem Jahr 2005, d. h. der Verpflichtung zur Beimengung von Biokraftstoffen, maßgeblich in eine Richtung geformt: Lebensmittel, die eigentlich für den Verzehr gedacht sind, würden für die Herstellung von Ethanol und Biodieselbestandteilen verwendet, die auch noch teurer sind als konventionelle Kraftstoffe. „Sollte man diese Pflanzen nicht lieber für die Lebensmittelherstellung als für das Betanken von Fahrzeugen nutzen?“ oder zugespitzt „Tank oder Teller?“, so der allgemeine Tenor, welcher maßgeblich durch große Mineralölkonzerne geprägt wurde. Dabei lohnt es sich, die tatsächlichen Fakten genauer zu betrachten.

Seit der Einführung des Biokraftstoffquotengesetzes im Jahr 2015 hat sich der Ethanolanteil im Kraftstoff weiter erhöht und liegt inzwischen bei 10 Prozent, kurz E10. Die Akzeptanz der Autofahrer gegenüber E10 hat sich in den vergangenen Jahren jedoch nicht deutlich gesteigert. Immer noch herrscht das Vorurteil, E10 würde der Fahrleistung und sogar den Fahrzeugen schaden. Mineralölkonzerne haben zudem wenig Interesse daran, biologische Erzeugnisse bei Landwirten zuzukaufen, wenn sie eigens geförderte, fossile Produkte verkaufen können. Der Anteil von Ethanol am Gesamtkraftstoff ist mit knapp über 3 Prozent verschwindend gering. So kann man bei E10 also marktseitig nicht unbedingt von einer Erfolgsgeschichte sprechen.

Während der letzten Jahre wurde die Debatte um die Beimischung von Biokraftstoffkomponenten noch hitziger. Für 7 Prozent Biodieselanteil (auch B7 genannt) importieren Mineralölkonzerne hunderttausende Tonnen Palmöl zur Beimischung aus Asien, um so den Vorgaben zur Einsparung von Treibhausgasen nachzukommen. Ein Modell, welches noch bis zum Jahr 2030 beibehalten wird. Erst danach schränkt ein EU-Beschluss dieses kontraproduktive Vorgehen ein.

Doch selbst mit den Palmölimporten scheint die im Jahr 2015 eingeführte Quote zur Treibhausgasminderung (THG-Quote) nicht erfüllt zu werden. Bislang sind synthetische oder Biokraftstoffe die einzige Möglichkeit, um mit Verbrennungsfahrzeugen weniger CO2 auszustoßen und die THG-Quote zu erfüllen. Der gesamte Anteil an Bio-Sprit inkl. Biodieselbestandteilen beträgt dennoch gerade mal 5,7 Prozent. Hier klafft noch eine große Lücke zur gesetzlich vorgegebenen THG-Minderungsquote. Diese lag im Jahr 2021 bei 8 Prozent und wird bis zum Jahr 2030 schrittweise auf 25 Prozent angehoben. Was aktuell bleibt, ist das Akzeptieren von Strafzahlungen, der Einkauf von THG-Quoten bei Elektroautobesitzern oder die Kompensation über Klimacents. Viele Hoffnungen und damit eine Lösung zum Vermeiden von Strafzahlungen werden in Zukunft im Ausbau der Ladeinfrastruktur liegen, da die Minderung hier unter bestimmten Voraussetzungen dreifach angerechnet werden kann.

Rinder benötigen dreimal mehr Fläche als Energiepflanzen

Die EU-Staaten planen unabhängiger von Energieimporten sowie fossilen Energieträgern zu werden, bis 2050 soll sogar vollständig CO2-neutral gewirtschaftet werden. In Deutschland wurde das Ziel der CO2-Neutralität bis 2045 bereits gesetzlich festgehalten. Damit das erreicht wird, müssen für die Energie(wende) ‘made in Germany’ alle Quellen erneuerbarer Energien genutzt werden.

Knapp ein Viertel des Energiebedarfs kann in Deutschland bis 2050 aus nachwachsenden Rohstoffen kommen, das rechnet die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) vor. Bei Windstille und Dunkelheit können Solar- und Windenergie nur wenig zur Energieversorgung beitragen. Biomasse hingegen kann Energie langfristig speichern. Im Winter ist diese Energieform daher besonders wichtig. Ist somit jegliche Form der energetischen Nutzung von Pflanzen gleich einzuordnen?

In Deutschland werden etwa 50 Prozent der gesamten Fläche für die Landwirtschaft genutzt, davon aktuell etwa 16 Prozent für Energiepflanzen. Dies umfasst Bäume, Gräser, Getreide, Mais, Zuckerrüben, etc. Energiepflanzen sind besonders ertragreich, da sie nicht die hohen Qualitätsstandards für Nahrungsmittel erfüllen müssen. Dem gegenüber stehen 57 Prozent der Fläche, die für den Futtermittelanbau verwendet werden. Die Rinderzucht allein benötigt etwa 42 Prozent der deutschen Agrarfläche – das ist drei Mal so viel wie die aktuell für Energiepflanzen genutzte Fläche. Vor diesem Hintergrund kann man nun zwischen den folgenden Optionen wählen: Einschränkung von Gewohnheiten und Konsum, Einschränkungen der Mobilität oder die effizientere Nutzung der Flächen.

Getrieben durch den hohen Bedarf für die Tierzucht, zeigen die Agentur für Nachhaltige Energien und der bdbe die besondere Möglichkeit der Verwendung von Ethanol für die effiziente Flächennutzung auf. Die Ethanolproduktion verbindet geschickt die energetische Nutzung der Fläche mit der Futter- und Nahrungsmittelproduktion. Aus den stärkehaltigen Ausgangsstoffen entstehen neben Ethanol auch hochwertige, proteinhaltige Futtermittel, Weizenkleie, Hefe und Kohlensäure für Lebensmittel oder Reststoffe, die für die Herstellung von Biogas verwendet werden können. Jahresübergreifend ist der Anbau von Energiepflanzen für Ethanol auch für die Fruchtfolge wichtig, denn die Pflanzen sichern langfristig den Nährstoffgehalt im Ackerboden. In Deutschland werden aktuell etwa 1,9 Prozent der Agrarfläche so besonders effizient genutzt. Dies ermöglicht eine maximal effiziente und damit nachhaltige Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen.

Effiziente Nutzung von Flächen und Energie

Durch Ethanol wurden im Schnitt der letzten Jahre ca. 10 Mio. Tonnen CO2 p.a. eingespart. Dies sei einer der wertvollsten Beiträge zu den Klimazielen, so Stephan Arens vom Bundesverband Bioenergie. Die Produktion von Bioethanol ist heute auch nicht mehr nur auf die Verwendung von stärkehaltigen Pflanzen zurückzuführen, sondern hat sich in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Die Entwicklung geht hin zu Cellulose-Ethanol – Ethanol, welches aus pflanzlichen Abfällen hergestellt wird und somit keine eigene Anbaufläche benötigt. Bereits im Jahr 2012 startete der Chemiekonzern Clariant eine derartige Anlage in Straubing in der Millionen Liter Ethanol produziert werden können. Um die Klimaziele zu erfüllen, ist die Produktion von Bioethanol demnach sinnvoll und nicht mehr wegzudenken. Das einzig verbleibende Problem liegt lediglich in der ineffizienten Nutzung der Energie, denn die Verschwendung findet im letzten Prozessschritt statt: der Beimischung zu Kraftstoff für PKWs.

100 Prozent Bioethanol für Elektroautos nutzen

Dabei gibt es deutlich effizientere Wege für die Nutzung im Mobilitätssektor: den Einsatz von Bioethanol zum klimafreundlichen Aufladen von Elektrofahrzeugen. Genau diese Idee macht sich ein erfolgreiches Unternehmen aus Brandenburg mit ihren Schnellladestationen zu Nutze. Alexander Sohl, Geschäftsführer von me energy, dazu: „E-Autos und E-Transporter sind die Zukunft, doch der Betrieb immer nur so nachhaltig wie der Strom selbst. Wir nutzen Bioethanol aus nachhaltiger Produktion, um diesen in unseren mobilen Schnellladestationen in Strom umzuwandeln.“ Und das ist deutlich effizienter als in einem PKW. „Verglichen mit einem PKW ist die Effizienz von Tank-to-Weel etwa 2-3-mal so hoch“, so Sohl weiter.

Die Idee geht auf, zahlreiche Unternehmen und öffentliche Institutionen nutzen die auf Bioethanol basierende Lösung, die komplett unabhängig vom Stromnetz betrieben wird. Der Tank einer solchen Station umfasst eine Kapazität, mit der man elektrisch eine halbe Erdumrundung zurücklegen kann und das mit reinem Grünstrom. Diese Lösung kann mögliche Vorbehalte gegen den Bio-Kraftstoff beseitigen. Die Ethanolproduktion geht Hand in Hand mit der Futtermittelproduktion, der Treibstoff wird maximal effizient genutzt und die Fahrzeuge selbst stoßen dank ihres Elektroantriebs kein CO2 aus.

 

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Die Zukunft von Bioethanol in der Elektromobilität

Mit der richtigen Vorgehensweise könnte Deutschland ein echter Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel werden. Dazu gehört der Einsatz von Biomasse – idealerweise Bioethanol aus Cellulose oder aus Reststoffen des Futtermittelanbaus – als Ergänzung zu Windkraft, Sonnenenergie und Co. Effizient genutztes Ethanol kann einen wichtigen Beitrag für einen nachhaltigen Mobilitätssektor leisten und dabei gleichzeitig die Abhängigkeit von Energieimporten reduzieren.