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Fehlende Netzkapazität: So funktioniert das Stromnetz in Deutschland

M. Hofmann Freitag, 14.6.2024

Deutschland produziert seit über einem Jahr keine Atomenergie mehr; der medial aufgebauscht befürchtete Blackout ist ausgeblieben und doch lässt die Sorge um die Stromversorgung, die Bestandteil der Energiewende ist, die Medienwelt nicht zur Ruhe kommen. Oranienburg meldete, das Stromnetz hätte keine Kapazitäten mehr und die Angst, der Strom reiche nicht für Wärmepumpen und Elektroautos, geht weiter um. Doch sind die Befürchtungen gerechtfertigt?

 

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Stromnetz: Leistung und Kapazität

Zuerst einmal ist es wichtig, zwei Dinge zu unterscheiden: die installierte Leistung des Stromnetzes und dessen Kapazität. Aktuell liegt die installierte Nettoleistung bei 244,8 GW und ist trotzt der abschalten Kernenergie im Jahr 2022 um 16,5 GW gestiegen. Der Trend bleibt dank des Ausbaus erneuerbarer Energien also weiter positiv. Während die installierte Leistung anzeigt, wie viel Strom potenziell erzeugt werden kann, beschreibt die Stromnetzkapazität, wie viel von diesem Strom effektiv transportiert und verteilt werden kann. Beide Größen müssen gut aufeinander abgestimmt sein, um eine stabile und zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten.

 

Aufbau Stromnetz

 

Aufbau und Funktion des Stromnetzes

Möchte man mehr über die Kapazität des Stromnetzes wissen, muss man sich dessen Aufbau und Funktion genauer ansehen. Es besteht zunächst einmal aus verschiedenen Spannungsebenen: das Übertragungsnetz (Höchstspannung von 220 kV und 380 kV) und das Verteilnetz (Hochspannung, Mittelspannung und Niederspannung, also die 230 V aus der Haushaltssteckdose). Zwischen den Spannungsebenen befinden sich Transformatoren zum Umwandeln der Spannungsebene. Insgesamt hatte das deutsche Stromnetz 2022 eine Länge von etwa 2,2 Millionen Kilometern. Damit der Strom nun zuverlässig vom Erzeuger zum Verbraucher kommt, ist das deutsche Stromnetz nach dem Prinzip der dezentralen Erzeugung und zentralen Steuerung aufgebaut. Es muss ständig im Gleichgewicht gehalten werden, um Schwankungen zwischen Erzeugung und Verbrauch auszugleichen. Für ein Gleichgewicht muss immer so viel Energie eingespeist werden wie verbraucht wird, da das Netz Strom nur transportieren, aber nicht speichern kann. Dies erfordert eine präzise Steuerung und Überwachung durch die Netzbetreiber, die mithilfe von Lastverteilzentren und modernster Technik erfolgt.

 

Integration erneuerbarer Energien

Ein zentraler Bestandteil der Energiewende ist die Integration erneuerbarer Energien in das Stromnetz. Dies stellt besondere Herausforderungen dar, da die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne, im Gegensatz zu konventionellen Stromerzeugern, stark schwankt. Die Netzbetreiber müssen daher flexible Lösungen finden, um die Stabilität des Netzes zu gewährleisten. Kurzfristig wird ein sogenanntes Redispatch durchgeführt, bei dem der Überschuss der Stromproduktion geregelt und Stromerzeuger abgeschaltet werden, bevor das Netz überlastet wird. Mittel- und langfristig sind Maßnahmen wie der Ausbau von Speicherkapazitäten, die Schaffung von sogenannten "Smart Grids" und in erster Linie der Netzausbau nötig. 2022 und 2023 ist der Stromverbrauch durch den Ukraine-Krieg zwar gesunken, künftig wird er aber wieder steigen. Nicht nur E-Mobilität und Wärmepumpen treiben den Verbrauch nach oben, in allen Sektoren und Lebensbereichen nimmt die Digitalisierung und damit auch die Elektrifizierung stark zu. Bis 2030 zeichnet sich gar eine Kapazitätslücke von 20% ab.

 

Entlastung durch stromnetzunabhängiges Laden

Der dringend benötigte Ausbau des Stromnetzes ist keine kurzfristige Lösung, der schnellste Schlüssel zu mehr Stabilität ist die Entlastung des Netzes, wobei die Zunahme an elektrisierten Fahrzeugen den größten Anteil am steigenden Bedarf ausmacht. Um diesen Bedarf abzufedern und das Netz zu entlasten, können E-Fahrzeuge beispielsweise an Ladestationen laden, die ihren Strom selbst erzeugen und so komplett unabhängig vom Stromnetz sind. Diese besonderen Ladestationen von me energy generieren ihren eigenen Strom aus Bioethanol. Das macht diese komplett mobil und das Laden überall möglich, auch da, wo keine ausreichende Netzkapazität verfügbar ist.

 

Zusammenfassend ist zu sagen, dass zwar die Sorge um einen Blackout unbegründet ist, aber die Netzkapazität für eine zukünftig ausreichende Stromversorgung dringend verbessert werden muss. Obwohl es zahlreiche Maßnahmen zum Regulieren der Einspeisung gibt, ist die Entlastung durch stromnetzunabhängige Alternativen dennoch notwendig, um den erhöhten Bedarf kurzfristig zu decken und so die Energiewende zu meistern.