Rückblick 2022: Deutschland verfehlt sein Klimaziel im Verkehrssektor
M. Hofmann
Dienstag, 17.1.2023
Auch im Jahr 2022 konnte Deutschland die im Klimaschutzgesetzt festgelegten Ziele für den Verkehrssektor nicht erreichen. Nach Schätzungen des Thinktanks Agora Energiewende wurden im Jahr 2022 150 Mio. Tonnen CO2 durch den Verkehrssektor ausgestoßen, Zielwert waren 139 Mio. Tonnen CO2. Verglichen zum Jahr 2021, in dem ca. 3,1 Mio. Tonnen CO2 zu viel ausgestoßen wurden, ist die Lücke zwischen Ziel- und Istwert sogar weiter gestiegen. In keinem anderen Sektor ist man weiter von der Zielerreichung entfernt als im Verkehrssektor. Die folgende Grafik zeigt die Ziel- und Ist-Werte der letzten beiden Jahre, sowie das Ziel bis 2030.
Obwohl für 2022 ein niedrigerer Zielwert durch das Klimaschutzgesetz definiert wurde, ist der CO2 Ausstoß um 7,4% gestiegen. Das liegt unter anderem daran, dass die Mobilität durch die Corona-Pandemie im Jahr 2021 teilweise noch stark eingeschränkt war, während im Jahr 2022 ein Anstieg zu einem normalisierten Verkehrsaufkommen auf Straßen und Schienen folgte. Das 9-Euro-Ticket, das den öffentlichen Nahverkehr attraktiver machen und den CO2 Ausstoß des Individualverkehrs senken sollte, wurde eher als zusätzliche Option zum Auto genutzt, weniger um das Auto zu ersetzen. Es konnte keine deutliche Verlagerung vom privaten PKW zum öffentlichen Nahverkehr festgestellt werden. Zuletzt führten auch unzureichende politische Maßnahmen zu einem Anstieg des Ausstoßes im Jahr 2022.
Laut einem aktuellen Projektionsbericht der Bundesregierung können die durch den Verkehrssektor verursachten Treibhausgasemissionen bis 2030 jedoch auf maximal 126 Mio. Tonnen CO2 reduziert werden – womit das Ziel von 85 Mio. Tonnen CO2 wieder um 32,6% verfehlt wird. Die geplanten Ansätze der Bundesregierung sind daher nicht genug, um die Ziele des Klimaschutzgesetzes bis 2030 zu erreichen.
Agora-Chef Simon Müller ist der Überzeugung, dass die Ampel-Koalition ihr Klimaschutzsofortprogramm in 2022 nicht ausreichend umgesetzt habe. Bundeswirtschaftsminister Habeck sieht Deutschland auf dem richtigen Weg, da die Gesamtemissionen 2022 zu 2021 leicht gemindert werden konnten. Allerdings: „Unser Sorgenkind ist der Verkehrsbereich, in dem die CO2-Emissionen erneut leicht gestiegen sind“. Die Maßnahmen müssen im Verkehrssektor verschärft werden.
Im neuen Jahr folgte in den ersten Tagen der "Mobilitätsgipfel" auf Einladung von Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Vertreter von Autoherstellern, Zulieferern und Gewerkschaft sowie mehrere Bundesminister kamen zu der sogenannten "Strategieplattform Transformation Automobil- und Mobilitätswirtschaft" zusammen. Dabei wurde deutlich, dass die Bundesregierung große Hoffnung in die E-Mobilität setzt und das Ziel von 15 Millionen vollelektrischen E-Autos bis 2030 nochmals bekräftigte. Zum 1. Oktober 2022 lag die Zahl bei knapp 840.000 Stromern. Probleme liegen weiterhin jedoch hauptsächlich in der Ladeinfrastruktur. Bis 2030 werden laut Hochrechnungen des VDA eine Millionen Ladepunkte benötigt um die Charging-Gap zu schließen. Geht der Ausbau im aktuellen Tempo voran, verfügt Deutschland im Jahr 2030 allerdings nur über ungefähr 210.000 Ladepunkte. Die Bundesregierung verwies auf den im Herbst vorgestellten „Masterplan“ zum Ausbau der Ladeinfrastruktur und fordert insbesondere die Energie- und Automobilbranche zur Umsetzung auf. Die Ladeinfrastruktur ist bei den Bürger:innen weiterhin ein großes Hemmnis bei der Anschaffung von Elektroautos – insbesondere in ländlichen Gebieten.
Die Politik setzt also mitunter auf die E-Mobilität, um die Ziele des Klimaschutzgesetz im Verkehrssektors zu erreichen. Dazu muss der Verkehrssektor in Deutschland jedoch die Geschwindigkeit in der CO₂-Reduktion bis 2030 um das 14-fache steigern.
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